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Die Astronomie-Seiten von Mario Weigand

Sonnenbeobachtung mit Hα-Filter

Was ist sichtbar?

Im Gegensatz zur herkömmlichen Weißlicht-Beobachtung (auch Integrallicht genannt) beschränkt man sich bei der Hα-Beobachtung auf eine Wellenlänge. Die intensivste Spektrallinie im sichtbaren Bereich des solaren Spektrums ist die des neutralen Wasserstoffs, Hα-Linie genannt, ihre Wellenlänge beträgt 656,3 Nanometer das entspricht der Farbe Dunkel-Rot. Die bei dieser Wellenlänge sichtbare Bereich ist die Chromosphäre, die über der im Weißlicht sichtbaren Photosphäre liegt.



Die Chromosphäre zeigt eine zum Teil deutlich höhere Dynamik als die Photosphäre. Besonders turbulent geht es in den aktiven Regionen zu. Sie sind die Hauptquelle der drei großen Energiefreisetzungsereignisse auf der Sonne: Flares, eruptive Filamente/Protuberanzen und koronale Massenauswürfe (engl. Coronal Mass Ejection, kurz CME) Alle drei sind Resultate von Instabilitäten des koronalen Magnetfeldes. Die räumlichen Skala ist dabei mit dem Abstand zwischen den Sonnenflecken in einer Gruppe vergleichbar ist.

Auf kleineren Skalen gibt es eine Vielzahl von weiteren Erscheinungen, wie Spikulen und Mikroflares. Viele dieser Ereignisse stehen nicht unbedingt mit den aktiven Regionen in Verbindung.

Hier eine Übersicht zur Phänomenologie der Chromosphäre:

Spikulen

Spikulen am Sonnenrand (oben) und auf der Scheibe (unten)
Spikulen sind zu jedem Zeitpunkt in großer Anzahl auf der Sonnenoberfläche präsent. Bei der Beobachtung sehen wir sie auf der Sonnenscheibe aufgrund von Absorption als dunkle Fasern, während am Sonnenrand bilden sie einen rot leuchtenden Teppich. Hier sehen wir nur die Reemission der absorbierten Energie.

Hintergrund: Bei den Spikulen handelt es sich um Jets aus Gas und Plasma die von der Oberfläche der Sonne aufsteigen. Sie konzentrieren sich an den Rändern von Supergranulations-Zellen und haben eine Lebensdauer von ca. 5 bis 15 Minuten. Ihr Durchmesser beträgt etwa 1.000 Kilometer und sie können bis zu 10.000 Kilometer lang werden.

Aktive Regionen

Eine aktive Region
Sie sind in der Regel mit den Sonnenflecken verknüpft, die ja auch im Weißlicht sichtbar sind. Es sind Orte, an denen starke Margnetfelder den Energiefluss von innen stören und Eruptionen verursachen können.

Die Sonne rotiert am Äquator mit einer anderen Geschwindigkeit als an den Polen, das nennt man differenzielle Rotation. Dadurch werden die Magnetfelder verdreht und verdichten sich mancherorts. Im H-Alpha-Licht kann man um die Sonnenflecken herum erkennen, wie die heiße Materie entlang der Magnetfeldlinien beschleunigt wird.

Plages

Plages (helle Gebilde) in der Umgebung eines Sonnenflecks.
Plages sind hellere Zonen in der Chromsphäre, die von Spikulen gesäumt sind und treten vermehrt in aktiven Regionen auf. Sie sind jedoch nicht immer in Kombination mit Sonnenflecken zu beobachten. Die Plages decken sich mit den im Weißlicht und mit Kalziumfilter sichtbaren Fackeln, die in den Zwischenräumen der Granulationszellen der Photosphäre entspringen. Fackeln, bzw. Plages treten dort auf, wo sich Magnetfeldlinien verdichten. Während die photosphärischen Fackeln aus Kontrastgründen meist nur im Randbereich der Sonnenscheibe zu sehen sind, können Plages überall gut beobachtet werden.

Filamente...

Kleine Filamente in der Umgebung von NOAA 11302.
...sind relativ kühle, dichte Plasmafasern, die sich in Magnetfeldbündeln ausbilden können, Filamente schweben nahezu waagerecht in geringen Höhen am Boden der Korona. Sie werden in der Hα-Linie oder vom Weltraum aus im EUV beobachtet und erscheinen vor der Sonnenscheibe als dunkle (absorbierende) Strukturen, am Sonnenrand dagegen in Emission gegen den Himmelshintergrund; dort werden sie als Protuberanzen bezeichnet.

Protuberanzen...

Eine große Protuberanz.
...sind dasselbe physikalische Phänomen wie Filamente. Sie bilden sich auch außerhalb akiver Regionen, wo sie sehr große Längen von fast einem Sonnenradius erreichen können.

Nach stunden-, tage- oder manchmal wochenlangen Phasen relativer Ruhe bilden sich plötzlich erhöhte Plasmageschwindigkeiten in einem Teilbereich aus und kurz darauf beginnt das gesamte Filament (oder große Teile) einen beschleunigten Aufstieg, der meist zum Ausstoß von Teilen des Filaments in den interplanetaren Raum führt. Sehr oft ist die Eruption eines Filaments mit einem Flare gekoppelt.

Flares

Aktive Region NOAA 11302 mit Flare (helle Stellen).
Ein Flare ist in erster Linie ein impulsiv beginnendes Aufleuchten in der Korona und der Chromosphäre. Dabei wird ein großer Teil der freigesetzten magnetischen Energie in Wärme und die Beschleunigung von Teilchen umgesetzt. Der überwiegende Anteil der beschleunigten Teilchen bewegt sich entlang der Feldlinien zu den Fußpunkten der koronalen Magnetfeldbögen und gibt seine Energie bei Stößen mit dem viel dichteren Plasma in der Chromosphäre wieder ab.

Dabei entsteht für einige Minuten Strahlung im harten Röntgenbereich, bei großen Ereignissen sogar im Gammabereich! Röntgenereignisse sind auf Aufnahmen von Sonnenobservatorien wie SOHO und SDO zu sehen.

Bogenprotuberanzen - engl. Loop.
Flares können die Röntgen- und UV-Strahlung der gesamten übrigen Sonne um zwei Größenordnungen übertreffen. Die mit strahlendem Plasma gefüllten Magnetfeldbögen (Loops) bilden bei großen Flares ganze Arkaden, die entlang der Trennlinie zwischen den magnetischen Polaritäten (den dominanten Sonnenflecken einer Gruppe) aufgereiht sind (Beispielbild bei Wikipedia). Die Loops kühlen sich langsam ab, bis sie schließlich in der roten Hα-Linie des Wasserstoffs erleuchten. Bei Flares am Sonnenrand zeigen sie sich als so genannte Bogenprotuberanzen. Bei der Beobachtung sieht man Flares in der Regel in der Draufsicht, dort erscheinen Flares wie hell leuchtende Risse in der Sonnenoberfläche.