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Die Astronomie-Seiten von Mario Weigand

Tiefstehenden Planeten / schlechtes Seeing: IR-Passfilter

Die Mars Opposition 2003 haben viele Hobbyastronomen zum Anlass genommen, sich in der Fotografie des roten Planeten zu versuchen. Jedoch mussten sie mit schlechtem Seeing aufgrund der niedrigen Deklination des Planeten kämpfen. Damals kam eine Methode unter Verwendung eines IR-Passfilters zur Minderung des Problems auf.

Stehen Planeten in den Sommermonaten in Opposition zur Sonne, dann ist das für Planetenbeobachter in Deutschland keine gute Nachricht. Die Kulminationshöhe der Planeten schwankt in unseren Breiten zwischen ca. 20° und 70°. Im Sommer verläuft die Ekliptik tief am Südhimmel. Der Weg, den das Licht durch die Erdatmospäre zum Beobachter zurücklegen muss ist umso länger, je tiefer ein Objekt steht, wie die Grafik unten skizziert.

Der Fachbegriff dafür lautet Air mass und gibt an, das wievielfache der Luftmasse in Zenitrichtung vom Licht durchquert werden muss. Im Zenit gilt also Air mass = 1. Für Objekte in etwa 70° Höhe ist der Wert mit 1,06 nur unwesentlich höher. Bei 20° Höhe liegt er hingegen bei 2,92 – fast drei Atmosphären muss das Licht passieren! Das ganze ist hier auch noch für alle Höhen grafisch dargestellt.


Oberhalb von 45° ist die Air mass nahe 1, doch darunter steigt der Faktor rasant an. Je länger der Weg durch die Atmosphäre ist, desto mehr turbulente Luftmassen stören das Licht auf seinem Weg und sorgen für ein unscharfes und waberndes Bild. Schlechtes Seeing ist ohnehin das wichtigste Problem der Planetenfotografie, bekommt aber in einem solchen Fall eine nochmals größere Bedeutung.
Mit einem sogenannten Infrarot-Passfilter lässt sich das schlechte Seeing zumindest ein wenig ausblenden.

Was macht ein Infrarot-Passfilter?

Ein IR-Passfilter ist für kurzwelliges Licht undurchlässig, während die Transmission ab ca. 650 nm, wo der Bereich des nahen Infrarot beginnt, zu längeren Wellen hin eine sehr hohe Transmission aufweist. Der Filter blendet also die kurzen Wellenlängen aus. Ein häufig verwendetes Glas ist das Schott RG665 oder auch RG610, wobei die Zahl den Beginn des Transmissionsfensters in Nanometer kennzeichnet. In der folgenden Grafik sind die Transmissionskurven der genannten Passfilter zusammen mit denen typischer RGB-Blau- und Rotfilter zu sehen.


Was bringt nun der IR-Passfilter?

Man kann beobachten, dass kurzwelliges Licht stärker von der Atmosphäre beeinflusst wird. Ein einfaches Mittel zur Veranschaulichung ist eine Farbaufnahme eines horizontnahen Objektes, wenn man das Bild in die RGB-Komponenten aufspaltet. Das blaue Bild, also im kurzwelligen Licht, wird durch die atmosphärische Refraktion am stärksten verzerrt, der rote Teil hingegen am wenigsten. Zur Verdeutlichung hier eine Aufnahme der sehr horizontnahen Mars mit getrennten RGB-Kanälen:


Dies lässt sich auf das Seeing übertragen, da es ja auf der Lichtbrechung an unterschiedlich dichten Luftzellen beruht. Die Schlussfolgerung ist, dass ein Planet bei schlechtem Seeing im langwelligen roten Bereich wesentlich schärfer und detailreicher abgebildet werden kann. Besonders gut nutzt dies ein IR-Passfilter aus. Allerdings wird das Resultat nie so gut sein, wie ein Bild im sichtbaren Licht bei gutem Seeing. Denn gemäß dem Rayleigh-Kriterium ist die Auflösung im IR geringer und die Detailzeichung damit gröber.

Als Resultat begnügt man sich dann entweder mit einem S/W-Bild des Planeten. Oder die IR-Aufnahme dient als Luminanz für ein LRGB-Komposit. Die Farbkanäle werden dazu ganz normal mit einer Farbkamera oder mit RGB-Filtersatz an einer S/W-Kamera aufgenommen. Eine S/W-Kamera ist die bessere Wahl, da die Kanäle nach einem Kamerawechsel sonst gegeneinander verdreht und etwas schwieriger zu überlagen sind.

Hier ein altes Beispielbild zur Wirkung eines IR-Passfilter von der Marsopposition 2003:


Wie man sieht, lässt sich die Detailfülle bei schlechtem Seeing gut steigern. Weiterhin wird aber auch deutlich, dass eine normale RGB-Aufnahme bei guten Bedingungen in Sachen Farbwiedergabe und feiner Detailzeichnung überlegen ist.

Abschließend noch einmal eine Zusammenstellung der Vor- und Nachteile:

Vorteile

Nachteile



[19.01.2018]