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Die Astronomie-Seiten von Mario Weigand

Fotografie auf einem Polarlichtflug

Der A319 der Germania kurz vor Abflug.

Polarlicht gibt es in Deutschland nur selten zu sehen. Zuletzt konnte ich helles Polarlicht im Jahr 2003 vom Taunus aus sehen. Wer nicht lange auf eine Ausnahme-Aktivität warten möchte, muss nach Norden bis etwa 65° Nordbreite reisen.

Beim Rückflug aus den USA von der totalen Sonnenfinsternis 2017 führte unsere Route an der Südspitze von Grönland vorbei - nördlich genug für die Polarlicht-Beobachtung. Die notwendigen Rahmenbedingungen waren gegeben: Es war ein Nachtflug und ich hatte einen Fensterplatz in Richtung Norden. Beim Überflug von Neufundland tauchte zunächst ein visuell farbloser Schimmer am Horizont auf und kurz danach kamen auch einige Beamer dazu. Ein paar fotografische Beweise kamen auch dabei rum. Dieses Erlebnis motivierte mich dazu, es mit einem Polarlichtflug zu versuchen.

Abflug: 18.11.2017 - 20:30 Uhr

Die Polarlicht-Aktivität am Tag des Flugs war leider nicht sehr hoch.
Der Flug wurde von der Fluggesellschaft Germania durchgeführt und startete vom Flughafen Köln-Bonn. Also ging es zunächst von Offenbach aus mit dem Auto auf die A3. Die Straßen waren zum Glück relativ leer und 2 Stunden später war ich am Ziel. Die Sicherheitskontrolle am Flughafen zog sich wie Kaugummi, obwohl nicht viele Passagiere zu überprüfen waren, aber der Zeitpuffer war ausreichend.

Am Gate gab es von den Veranstaltern einen Vortrag rund um das Polarlicht und eine Einschätzung der zu erwartenden Polarlicht-Aktivität. Dadurch ging auch die letzte Wartezeit bis zum Boarding schnell vorüber. Um 20 Uhr strömten die Passagiere in die A319. Die Maschine war fast voll besetzt und setzte sich relativ pünktlich gegen 20:30 in Bewegung. Über das Rheinland ging es Richtung Niederlande und Nordsee. Etwa 30 Minuten nach dem Start begann der Board-Service mit Getränken und einer warmen Mahlzeit.

Dunkler Flug

Ein heller Meteor auf einer Testaufnahme...
Als der Service abgeschlossen war, wurden über allen Sitzen die Lichtquellen mit Klebeband abgedunkelt. Die Kabinenbeleuchtung wurde schließlich abgeschaltet und es war sehr dunkel in der Kabine. Normalerweise ist es schwierig im Flugzeug selbst bei abgeschalteter Kabinenbeleuchtung zu fotografieren. Flugzeugfenster besitzen mehrere Schichten an denen sich die vielen kleinen Lichtquellen rund um den Sitzplatz spiegeln. Beim Rückflug von der Sonnenfinsternis in den USA waren halbwegs vernünftige Fotos nur mit Abschattung mit einer Decke möglich. Beim Polarlichtflug waren auch ohne Decke vernünftige Bilder möglich. Eine Decke habe ich dennoch verwendet. Dies war alleine schon dafür nötig, dass mein Kameradisplay niemand anderen störte.

Der Nachthimmel

Keine Wolken, sondern strukturiertes Airglow!
Unser Flug führte entlang der englischen Ostküste über die Nordsee. Irgendwann fiel eine andere Maschine auf, deren Kurs nicht weit von uns fast parallel verlief. Wir waren nicht allein, denn laut Info aus dem Cockpit handelte es sich dabei ebenfalls um Polarlicht-Touristen und zwar aus England. Mein Fensterplatz war auf der Westseite, sodass ich die Sternbilder rund um die nördliche Krone über den Lichtern der Küstenstädte beobachten konnte. Dabei gab es zum Teil schon sehr dunklen Himmel zu sehen - mit einigen schönen Meteoren. Einer ist zufällig auf einer Testaufnahme gelandet, als aber leider noch Licht in der Kabine war. Nach der Verdunklung der Kabine konnte ich keinen schönen Meteor mehr fotografisch erwischen, doch dafür fielen irgendwann Ungleichmäßigkeiten am Himmel auf. Bewölkung war es nicht, sondern strukturiertes Airglow. Auch dieses Phänomen ist von Deutschland aus schwierig zu beobachten, da dessen Sichtung fast überall durch Lichtverschmutzung gestört wird.

Im Polarlichtgebiet

Ein schöner Moment mit einigen Beamern in der Ferne...
Nach rund zweieinhalb Stunden Flug durch turbulenten Gegenwind kamen wir im Zielgebiet zwischen Schottland und den Färöer-Inseln an. Dort hörten die Turbulenzen zum Glück plötzlich auf, sodass eine ungestörte Beobachtung und Fotografie möglich war. Der Pilot begann mit einem Schleifenflug, sodass abwechselnd beide Seiten der Maschine Blick in Richtung Norden hatten. Viermal 15 Minuten lang gab es so für jede Seite Polarlicht zu sehen. Die Aktivität war eher gering und beschränkte sich auf den tiefen Horizont. Immerhin sind dort zwischendurch einige schöne Beamer in dem eher strukturarmen Aurora-Bogen aufgetaucht. Nun zur Technik...

Fotografie durchs "Bullauge"

Bei der Auswahl des Foto-Equipments habe ich mich an der Canon EOS 750D für das neu erstandene Sigma 14 mm DG Art Objektiv entschieden. Es bietet bei einer Offenblende von f/1.8 eine Abbildung, von der ich mit meinem bisherigen Canon EF 14 mm f/2.8 L II USM nur träumen konnte. Die Offenblende ist insbesondere bei der Fotografie vom Flugzeug aus wichtig. So können die Belichtungszeiten kurz gehalten und damit Bewegungsunschärfe verringert werden. Mit 2-4 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 6400 gelingt so bei ruhigem Flug hin und wieder ein brauchbares Bild. Das Bildrauschen ist nach einer Rauschfilterung und Bildverkleinerung in Adobe Lightroom auf einem passablen Niveau.

Beim USA-Flug hatte ich kein Stativ in der Kabine dabei und musste versuchen, die Kamera an die Fensterscheibe gepresst möglichst ruhig zu halten. Für den Polarlichtflug hatte ich zwei Varianten zur Positionierung der Kamera vorbereitet.

Saugnapf

Befestigung der Kamera per Saugnapf direkt am Fenster.
Zuerst probierte ich die Idee aus, das sperrige und unpraktische Stativ zu sparen und die Kamera mit einem großen Saugnapf direkt am Fenster zu befestigen. Der Manfrotto 241 Saugfuß hat 15 cm Durchmesser und kann einige 2 kg sicher halten. Mit 1,7 kg für Kamera und Objektiv hat das gut gepasst. Das Befestigen an der Scheibe erfolgt über eine integrierte kleine Pumpe und geht sehr einfach. Das ebenfalls integrierte klemmbare Kugelgelenk und ein zusätzlicher Kugelkopf (hier Tiltall BH-7) macht die Ausrichtung der Kamera möglich. Im Vorfeld hatte ich die typischen Maße von Flugzeugfenstern nachgeschlagen und den Aufbau daheim getestet. Insgesamt ist für den Aufbau ein Fenster von mindestens 15 cm x 26 cm erforderlich, sodass das Objektiv über dem Saugnapf Platz hat und nicht abgeschattet wird. Das Fenster eines A319 hat etwa 23 cm x 33 cm, was also ausreicht.

Die Montage im stockdunklen Flugzeug ging sehr einfach. Ein kleines Problem zeigte sich jedoch: Die innerste Scheibe des mehrfachverglasten Flugzeugfensters war aus Plastik und gab etwas nach. Dadurch reagierte die Kamera empfindlich auf Vibrationen und konnte schwingen. Für gute Bilder war es nötig, die Kamera etwas an das Fenster zu drücken. Der Saugnapf ist also ein praktische aber noch optimierbare Lösung.

Stativ

Deutlich unhandlicher und unpraktischer im Flugzeug: Stativ...
Nach der ersten Schleife gab es 15 Minuten lang keine Sicht auf das Polarlicht. Diese Pause nutzte ich, um auf ein Stativ umzusteigen. Das Manfrotto MA 055 mit Quersäule unter völliger Dunkelheit und bei den beengten Verhältnissen aufzubauen und für alle drei Füße einen Platz zu finden, war eine Herausforderung und dauerte einige Minuten. Mit der Quersäule und dem Manfrotto MA 405 Getriebeneiger habe ich Kamera wieder vor dem Fenster positioniert. Als Resultat stellte ich dabei eine etwa genauso große Bild-Ausschussrate wie bei der Saugnapf-Lösung (mit manuellem Andruck) fest. Die meisten Bilder zeigten also im Wesentlichen Bewegungsunschärfe durch das Schwanken des Flugzeugs.

Rückflug & Fazit

Das Ergebnis des Fluges sind rund 300 Bilder, wobei die 3 besten in der Galerie gelandet sind. Zwar war kein Video vorgesehen, doch eignet sich die Bildserie auch ganz gut für eine Art Zeitraffer-Video des Fluges. Das Resultat ist unten zu sehen.

Unsere Flugroute, Grafik vom Veranstalter.
Nach 2 Stunden Schleifenflug und in Summe einer Stunde Polarlicht schwenkte der Pilot wieder gen Süden. Wir hatten den Wind vom Hinflug jetzt im Rücken, wodurch es deutlich flotter wieder zurück ging. Nach nur etwa 1,5 Stunden Flug landeten wir wieder auf dem Flughafen Köln/Bonn.

Unterm Strich war es eine interessante und durchaus lohnenswerte Aktion. Bei einem Polarlichtflug befindet man sich über den Wolkenschichten und bekommt mit hoher Sicherheit "irgendetwas" an Aurora zu sehen. Obendrein gibt es ein wenig Beifang in Form von Airlglow, Meteore und sehr dunklen Himmel. Nur die Stärke des Polarlichts lässt sich eben kaum vorhersagen, da sie sich innerhalb von Minuten ändern kann.



[Artikel vom 29.12.2017]